Seit August 2022 arbeite ich als Postdoktorand in der Abteilung Theorie, Methodik und Geschichte der Geographie am Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) in Leipzig. Ab Juni 2025 forsche ich dort auf einer durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Eigenen Stelle . Daneben unterrichte ich seit 2018 als Lehrbeauftragter für Regionale Geographie sowie Forschungsthemen und Fachmethodik der Historischen Geographie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.
Meine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Historischen Geographie des 20. Jahrhunderts, der Theorie, Methodik und Geschichte der Geographie, insbesondere der Länderkunde, Landeskunde, Historischen Kulturlandschaftsforschung und der Area Studies, sowie der Regionalen Geographie Mittel- und Ostmitteleuropas. Meine Themen haben Bezüge zu aktuellen Debatten im Bereich der Border Studies, der Rural Studies und der Landscape Studies sowie zur Geschichte der Weimarer Republik, der NS-Zeit, des Kalten Kriegs und der Europäischen Integration.
Im Mittelpunkt eines bis 2028 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts zur Konzeptionalisierung des Regionalen in der historisch-geographischen Landeskunde (1922–1970) steht die Geschichte der Historischen Regionalgeographie im 20. Jahrhundert. Das Projekt leistet einen Beitrag zu einem neuen Geschichtsbild der regionalgeographischen Theorien- und Methodenentwicklung in Deutschland, indem es sich von den bisherigen Narrativen rund um den Kieler Geographentag von 1969 löst und auf der Grundlage einer breiten archivalischen Überlieferung danach fragt, wie das Regionale in der Zeit vor Kiel konzeptionell verstanden wurde.
Eine solche kritische Rekonstruktion bestehender Fachgeschichtsbilder muss selbstverständlich berücksichtigen, dass es sich bei regionalgeographischen Fachverständnissen vor Kiel zumeist um solche handelt, die zumindest im zeitlichen Zusammenhang mit dem NS-Regime gedacht und weiterentwickelt wurden. Daher werden im Projekt ihre wissenschaftspolitischen, zeitgeschichtlichen und regionalhistorischen Umstände in den Blick genommen, um das Verhältnis von epistemischen Praktiken in der Geographie und den ideologisch-politischen Vorstellungen im Wissenschaftssystem der Weimarer Republik über die NS-Zeit bis hin zur frühen Nachkriegszeit der Bundesrepublik Deutschland zu verstehen.
Dafür wird exemplarisch der Geograph Hans Fehn (1903–1988) untersucht, der als typischer Vertreter seiner Generation im 20. Jahrhundert intensiv regionalgeographisch arbeitete und der dabei stellvertretend für eine historisch-geographische Perspektive innerhalb der Landeskunde steht. In drei Teilstudien, die sich mit den Raumsemantiken und dem Verhältnis von Texten, Karten und Bildern in seinen landeskundlichen Publikationen, mit Aspekten von Materialität, Prozessualität und Historizität in seinen regionalgeographischen Forschungspraktiken und mit einer Kontextualisierung seines Wirkens als Geograph und Landeskundler durch eine historisch-geographische Politikfeldanalyse befassen, werden Fehns Forschungspraktiken, seine Projektergebnisse und sein alltägliches Leben und Agieren unter den Rahmenbedingungen des Wissenschaftssystems zwischen 1922 und 1970 in den Blick genommen.
Ich stehe für eine enge Verknüpfung von Forschung und Lehre. In meinen Lehrveranstaltungen zu Forschungsthemen und Fachmethoden der Historischen Geographie sowie zu Regionalen Geographien in Europa kommen meine Studierenden mit aktuellen Entwicklungen der internationalen Geographie in Kontakt. Sie lernen dabei, Konzepte und Methoden so zu verstehen, dass sie sie für eigene kleine Projekte anwenden können und über Hausarbeiten, Lehrforschungsprojekte und Abschlussarbeiten ein eigenes Profil im Kontext der Historischen Regionalgeographie ausbilden. Dabei lege ich großen Wert auf die wissenschafts- und erkenntnistheoretischen Grundlagen der Geographie, die über eine Rekonstruktion zentraler Entwicklungen in der Geschichte des Faches vermittelt und vertieft werden. Ich mache seit vielen Jahren die Erfahrung, dass Bachelor-, Lehramts- und Masterstudierende sehr davon profitieren, neben den thematischen Perspektiven der Humangeographie und der Physischen Geographie die Theorien und Methoden, mit denen sie konfrontiert werden, durch eine historische Einordnung des eigenen Faches kritisch zu reflektieren und dadurch die unterschiedlichen Dimensionen der Geographie, gerade auch in spezifischen regionalgeographischen Kontexten, besser miteinander in Beziehung zu setzen. Besonders zum Tragen kommt dies bei den zahlreichen Kleinen und Großen Exkursionen, bei denen wir vor Ort die erlernten historisch-geographischen und regionalgeographischen Kompetenzen ausprobieren und einüben können.
Ich bin davon überzeugt, dass die Historische Geographie in der geographischen Forschung und Lehre im 21. Jahrhundert eine wichtige Rolle spielen wird. In einer zunehmend komplexen Welt mit multiplen Krisen und immer größeren Anforderungen an die Wissenschaft hilft erst eine kritische Reflexion der historischen Grundlagen unserer gegenwärtigen Geographien weiter, um den gesellschaftlichen Ansprüchen für die Gestaltung einer guten Zukunft gerecht zu werden.