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Regionale Geographie zwischen Ideologie und Borniertheit?

Im September 2022 fand in Halle an der Saale die Tagung „Jenseits von Ideologie und Borniertheit? Zum Verhältnis von Landesgeschichte und Heimatgeschichte (19. bis 21. Jahrhundert)“ statt. Die Veranstaltung wurde von der AG Landesgeschichte im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) in Kooperation mit dem Institut für Landesgeschichte am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt ausgerichtet. Aus dem Vortrag, den ich zusammen mit Haik Thomas Porada zur Geschichte der Buchreihe „Landschaften in Deutschland“ hielt, gingen zwei Aufsätze hervor, die nun in einem Sammelband veröffentlicht wurden. In meinem Beitrag gehe ich von der These aus, dass sich die Geographische Landeskunde in den 1970er und 1980er Jahren unter den Bedingungen der wissenschaftspolitischen Erwartungen an die westdeutsche Geographie nicht mehr in der Mitte des Faches etablieren konnte, obwohl die Kritik einer vermeintlichen Theorielosigkeit landeskundlicher Forschung nach dem Kieler Geographentag von 1969 zu einer stärkeren theoretischen Reflexion führte und damit die Forderungen von Kiel wissenschaftstheoretisch aufgegriffen wurden. In der Untersuchung gehe ich der Frage nach, welchen Einfluss die wissenschaftspolitischen Rahmenbedingungen auf die Anwendung und Weiterentwicklung bestimmter Theorien und Konzepte hatten und wie stark die Geographie als Disziplin in den 1970er und 1980er Jahren von politischen Überzeugungen auf das Verständnis von Relevanz in der Wissenschaft abhängig war. Am Beispiel der konzeptionellen Debatten im Umfeld des Zentralausschusses für deutsche Landeskunde sowie der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Berichte zur deutschen Landeskunde gehe ich diesem besonderen Spannungsverhältnis in der westdeutschen Geographiegeschichte auf der Grundlage zeitgenössischer Publikationen sowie erstmals ausgewerteter Archivalien aus dem Archiv für Geographie am Leibniz-Institut für Länderkunde nach.


Reitinger, Patrick, Regionale Geographie zwischen Ideologie und Borniertheit? Die Entwicklung der Geographischen Landeskunde in Westdeutschland (1970–1990), in: Landes- und Heimatgeschichte. Eine Beziehungsgeschichte vom 19. bis zum 21. Jahrhundert (= Landesgeschichtliche Beiträge 3), hg. von Oliver Auge, Michael Hecht und Christian Hoffarth. – Halle an der Saale: Institut für Landesgeschichte am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt 2024, S. 141–162.